Ein Besuch auf dem Hühnerhof
Das Gelbe vom Ei.
Beim Produzenten
Als wir an diesem Morgen auf einer Wiese im schwäbischen Regglisweiler bei Ulm stehen, sind wir schnell umzingelt: Hunderte gackernde, braun-weiße Federknäuel bewegen sich auf uns zu, senken und heben neugierig den Kopf – bevor sie sich im Gras pickend wieder von uns abwenden. Es dauert nicht lange, da kräht es aus dem Hintergrund. Ein Hahn markiert sein Revier. Mehr als 300 Hennen wollen schließlich in Schach gehalten werden.
Seit wir uns vor rund drei Jahren dazu entschlossen haben, ein Huhn zu mieten, sind wir auf dem Hof der Familie Bosch in Regglisweiler regelmäßig zu Gast. Meist schaffen wir es nur in den Hofladen, wo wir uns mit frischen Eiern, je nach Saison aber auch mit Kartoffeln, Äpfeln oder Nudeln aus der Region eindecken. An diesem Tag ist das anders. Schon lange hatten wir uns vorgenommen, uns viel intensiver mit dem Thema Ei zu beschäftigen. Schließlich zählen Eier neben Mehl, Zucker und Butter zu den Hauptzutaten vieler Gebäcke. Sie sorgen für Volumen, Bindung, Geschmack, Farbe, Feuchtigkeit. Eine Ernährung ohne Eier können wir uns nicht vorstellen. Ein besonders einprägender Besuch eines landwirtschaftlichen Betriebs mit mehreren Tausend Hühnern während unserer Journalismus-Ausbildung hat uns aber auch gezeigt: Es ist wichtig, beim Ei und dessen Herkunft genau hinzuschauen. Aus diesem Grund sind wir an diesem Tag in Regglisweiler. Wir möchten mehr über Hühner, Eier und Haltung erfahren.
Wie viele Eier legt ein Huhn am Tag?
Zwei Hühnermobile haben die Boschs auf einer großen, grünen Wiese an einem Waldrand abgestellt. Sie sind das Herzstück der Eier-Produktion auf dem Hof. Die Hühner leben dort in einem transportablen Stall, der regelmäßig umgesetzt wird, sodass die Hühner immer frisches Grünfutter und Platz zum Scharren, Picken und Herumlaufen haben. Im Stall gibt es Fenster, Sitzstangen, Legenester und Geflügeltränken.
Da Hühner an sich sehr ängstliche Tiere seien, erklärte uns Klaus Bosch bei unserem ersten Besuch auf dem Hof, entfernen sie sich nie weit von ihrem Stall. Riesige Flächen, auf denen die Tiere picken können, seien daher überflüssig. Der große Unterschied zur Freilandhaltung: Ist das Gras um den Stall abgefressen, kann das Mobil an eine neue Stelle gefahren werden.
Zwischen 300 und 400 Tiere halten die Boschs mittlerweile. Als wir “unsere” Frida im Herbst 2017 gemietet haben, waren es rund 150. Das Konzept, nicht nur Eier auf dem Hofladen zu verkaufen, sondern gleich das ganze Huhn zu vermieten, kam gut an. Schon damals hatte uns die Familie von ihren Plänen, ein weiteres Hühnermobil anzuschaffen, erzählt.
Bis zu 400 Hühner und Hähne leben nun also zusammen auf der Wiese. Am Tag haben sie Freigang: Sie können die beiden Mobile verlassen und betreten, wann immer so wollen. „Nur nachts, da kommen alle Hühner ins Mobil und es wird zugemacht, sonst kommt der Fuchs“, sagt Morwen Liebscher, die uns an diesem Tag begleitet. Die Biologie-Studentin hilft seit einigen Jahren auf dem Hof der Boschs mit. Etwa, um einmal täglich die Eier einzusammeln, die später im Hofladen verkauft werden.
Ein Ei legt ein Huhn pro Tag. Ganz gleich, ob das Ei befruchtet wurde oder nicht. Das Huhn lege das Ei also auch ohne die Garantie, dass später daraus ein Küken schlüpft, erklärt uns Morwen. Somit sammelt die Familie Bosch jeden Tag rund 300 bis 400 Eier ein – und die werden dann auch am Tag verkauft.
Welche Nährstoffe stecken in einem Ei?
Kein Wunder, sind Eier doch echte Proteinbomben: Ein Ei besteht zu mehr als 50 Prozent aus Eiweiß. Und das ist auch noch besonders wertvoll. Denn Eier-Eiweiß hat nach Angaben des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft „die höchste biologische Wertigkeit, die ein natürliches Nahrungsmittel besitzen kann, und wird daher besonders gut zum Aufbau von körpereigenem Eiweiß genutzt.” Außerdem enthalten Eier unter anderem wichtige B-Vitamine sowie Biotin, Niacin, Lecithin und Folsäure. B-Vitamine sind wichtig für unseren Stoffwechsel. Biotin ist mitunter bedeutsam für Haut und Haare und Lecithin ist bei der Fettverdauung im Dünndarm von Bedeutung. Auch Zink, Eisen und Fett stecken in einem Hühner-Ei. Übrigens, sagt uns Morwen, sei es ein Mythos, dass sich der Ei-Konsum negativ auf den Cholesterinspiegel auswirke. Eier könne man – in Maßen natürlich – völlig bedenkenlos essen.
Morwen öffnet die Legestelle eines Hühnermobils. Wir dürfen einen Blick hineinwerfen und sehen, wie eine Schwester von Frida gerade ein Ei brütet. Schläfrig und kugelrund sitzt die Henne auf dem Ei und lässt sich von uns nicht stören. Sie gluckst ein wenig vor sich hin. „Die sind auch immer wahnsinnig stolz, wenn sie ein Ei gelegt haben und gackern dann besonders laut“, sagt Morwen und lacht. Während die Henne noch vor sich hin brütet, holt die Studentin ein schon gelegtes Ei aus dem Legenest heraus und zeigt es uns. Es sieht leicht deformiert aus, hat kleine Dellen in der Schale. „Das liegt an der Kalküberproduktion.” Die Schale des Eis werde erst am Ende der Ei-Produktion im Eileiter der Henne hergestellt. Kommt es dann zu einer Kalküberproduktion kann es sein, dass sich Dellen bilden, wenn das Ei gelegt wird und die Henne noch eine Zeit lang darauf sitzt. Es kann auch vorkommen, dass die Eier-Schale ganz dünn wird, auch das hänge vom Prozess im Eileiter ab. In diesem Fall werde zu wenig Kalk gebildet.
Wir lassen die Henne weiter brüten und schließen das Legenest wieder. Denn Dunkelheit sei wichtig für die Eier-Produktion, wie uns Morwen erklärt. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich die Hühner gegenseitig den Po aufhackten. „Weil der rot ist vom Eier legen.“ Im Dunkeln sehen das die Tiere nicht.
Gute Eier: Auf die richtige Hühnernahrung kommt es an
Bis ein Küken aus einem Ei schlüpft, dauere es 33 Tage. “In dieser Zeit wird gebrütet, das Ei wird gewärmt, damit sich das Küken entwickeln kann. Da wir die Eier täglich einsammeln und dann kühl halten, kommt es gar nicht zu diesen 33 Tagen des Brütens. Also können auch keine Küken heranwachsen.“ Der oft bemerkte rote Punkt im Ei komme von geplatzten Äderchen, die während der Ei-Produktion entstehen. „Das kann aber alles ohne Probleme verzehrt werden.“
Um uns herum gackern noch immer etliche Hühner, die mal mehr und mal weniger neugierig sind. Sie alle picken gerne im Gras. Das spiegelt sich auch an der Farbe des Eigelbs wider: Je satter das Gelb des Eigelbs, desto mehr frisches Gras stehe den Hühnern zur Verfügung. „Das liegt am Carotin, das die Hennen über das Gras aufnehmen“, saht Morwen. Bei Boschs bekommen die Hennen neben Gras noch Obst, Brot und Legemehl mit frischem Wasser zu Fressen. „Das Legemehl ist gut zum Eierlegen, damit die Hühner mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt werden.“
Wir müssen zugeben: Es hat schon etwas sehr Beruhigendes, wenn nicht sogar Meditatives, zwischen all den braunen und weißen Hennen zu stehen und sie zu beobachten. Als wir die Wiese langsam verlassen, werden wir von den Tieren noch ein Stück begleitet. Eine letzte Frage haben wir an Morwen noch: Was ihre liebste Eierspeise sei, wollen wir wissen. „Tiramisu“, sagt sie lächelnd. Tja, da können wir uns nur anschließen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Familie Bosch für den interessanten Einblick, den sie uns gewährt haben. Wer Interesse an einem Miethuhn hat, kann sich per E-Mail an boschfunk.kb@gmail.com bei den Boschs melden.