Mit dem Camper unterwegs im Piemont
Im Land der 1000 Hügel
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Es war die Lust auf Freiheit. Die Sehnsucht nach Natur. Der Traum vom ungeplanten Reisen, der uns im Frühjahr zu unserer ersten Tour mit einem Campingmobil bewegt hat. Keine frühzeitigen Buchungen, keine Hotels, kein festes Ziel – stattdessen immer ein Plätzchen mit Aussicht, Abende im Freien, gutes Essen, Vino, Veritas. Das Leben auf engstem Raum bringt auch die letzten Wahrheiten ans Licht.
Wer einmal mit einem Reisemobil oder einem Campingbus unterwegs war, versteht schnell, warum diese Art des Reisens tausende Menschen Jahr für Jahr in ihren Bann zieht. Freiheit, Natur und die Besinnung aufs Wesentliche sind die Dinge, um die es geht. Freiheit und Natur treiben auch uns voran. Von der Besinnung aufs Wesentliche sind wir mit unserem nagelneuen Reisemobil dann doch ein gutes Stück entfernt. Zumindest, wenn man die Maßstäbe hartgesottener Campingfans ansetzt. Unser Mobil von Etrusco* ist mit Doppelbett, separatem Bad samt WC, Dusche, Gasherd und Backofen ausgestattet. Ein paar Tage wären wir so autark, bräuchten weder Wasseranschluss noch Strom, um gut in unserem fahrbaren Zuhause zu leben. Weil im Großteil Europas das Wildcampen aber ohnehin nicht erlaubt ist, machen wir davon nicht groß Gebrauch. In den kommenden Tagen werden kleine Campingplätze und landwirtschaftliche Anwesen mit Stellflächen unser Ziel sein. Wie die meisten anderen Camper auch sind wir auf der Suche nach Abenteuer – mit etwas Luxus on top. Wir genießen es, keine stringente Route, kein festes Ziel zu verfolgen. Wir reisen wortwörtlich der Sonne hinterher – und diese führt uns über Süddeutschland und Österreich ins italienische Piemont.
Als eingefleischte Italienfans haben wir schon viele Male die Route über den Brenner ins Land von Amore, Aperitivo und atemberaubenden Altstädten genommen. Dieses Mal jedoch ist vieles anders. Nicht nur, dass wir mit einem knapp 7,50 Meter langen und drei Tonnen schweren Gefährt unterwegs sind – zum ersten Mal überhaupt wissen wir nicht, was uns vor Ort erwartet.
Wie viele andere Touristen auch haben wir das Piemont bislang immer links liegen lassen – stattdessen ging es in die Toskana, ins Trentino, nach Umbrien oder Sizilien. Ein großer Fehler. Das wissen wir bereits nach den ersten Metern durch eine schreiend schöne Landschaft. Alpine Bergketten, sanfte Hügel, barocke Städte, entspannte Menschen, weltberühmte Weine und gutes Essen: Das Piemont bietet alles, was das Reiseherz begehrt. Mit unserem Wohnmobil rattern wir über die Straßen und drehen das Radio laut. Gut geölter Italo-Pop gehört für uns zur Urlaubstradition. Adriano Celentano und Co. lassen uns nicht im Stich – das erste, mit einer großen Portion Vibrato geschmetterte Amore lässt nicht lange auf sich warten.
So etwas wie Liebe verspüren wir dann auch, als wir unser Domizil für die ersten Tage erreichen. Das Weingut La Trava liegt in der kleinen Gemeinde Mango im Süden des Piemonts. Die Auffahrt zu Weingut und Stellplatz ist ein wenig holprig, der Haussegen etwas schief, die Stimmung war auch schon mal besser. Die Aussicht, die wir wenig später genießen, macht alles wett: Die untergehende Sonne taucht Weinberge und pittoreske Häuser in ein warmes Licht. Wären wir nicht gerade erst die sich in ausgedehnten Us windenden Straßen nach oben gefahren, wir würden denken, Horst Lichter hätte eines seiner zufällig entdeckten Bares-für-Rares-Ölgemälde-Schätze aus Nonna Marias Erbe vor uns aufgestellt. Viel schöner, da sind wir uns einig, kann ein Stellplatz nicht liegen. That's amore.
Zur Liebe auf den ersten Blick trägt auch Hausherrin Maria Grazia bei, die uns wild gestikulierend und herzlich empfängt. Bei einer Weinverkostung, die bei einem Campingaufenthalt dort zum Programm gehört, klärt sie uns mit Händen und Füßen und einer Mischung aus Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch über die Besonderheiten des Piemonts auf.
Ad pedem montium‚ am Fuß der Berge, liegt die flächenmäßig größte Region des italienischen Festlands. Im Norden an die Schweiz und im Westen an Frankreich grenzend, wird das Piemont an drei Seiten von der Alpenkette begrenzt. Bei günstiger Wetterlage liegen die schneebedeckten Gebirgszüge scheinbar zum Greifen nah, selbst im Süden der Region fühlt man sich inmitten der Berge. Das Weingut La Trava liegt in den Langhe, die gemeinsam mit dem benachbarten Monferrato die Bezeichnung „Meer der 1000 Hügel“ tragen. Die Langa ist so etwas wie der kulinarische Vorzeigeschüler des Piemont und ein Paradies für Schlemmer, wie wir es sind. Aus der Bassa Langa, die geprägt ist von sanften Hügelketten, stammen die weltberühmten Weine Barolo, Barbera, Barbaresco und Langhe. In der Alta Langa werden Haselnüsse angebaut und die Langa Astigiana mit ihrer größten Stadt Alba ist bekannt für ihren Trüffel. Natürlich schlemmen auch wir uns durch die kulinarischen Köstlichkeiten des Landstrichs, schlendern über die vielen kleinen Märkte, wo Bauern aus der Region frisches Obst und Gemüse verkaufen, genießen frisch gebackenes Focaccia in den Straßen Astis und Antipasti vom Feinsten in Barolo.
Vor allem das Städtchen Alba hat es uns angetan. Wir bummeln durch süße Gässchen, schlürfen Caffè und füllen unsere Rucksäcke mit italienischen Spezialitäten. Hin und zurück geht es mit dem Bus. Der vielleicht größte Nachteil unserer Reise mit dem Camper: Italiens Städte sind für große Fahrzeuge nicht gemacht. Wir setzen deshalb auf öffentliche Verkehrsmittel, die zwar selten, aber immerhin pünktlich fahren.
Unsere Abende verbringen wir am Reisemobil. Mit Produkten aus der jeweiligen Region zu kochen oder zu backen, gehört für Flo und mich zu den schönsten Dingen, die Urlaube mit sich bringen. Klar, dass das auch für den Urlaub mit dem Camper gilt. In unserem Etrusco steht uns dafür eine naturgemäß eher kleine, aber gut ausgestattete Küche zur Verfügung. Das Schneiden der Zutaten verlegen wir aus Platzgründen auf den Esstisch.
Weil wir den Luxus eines Backofens nutzen möchten, bereiten wir uns einfache Focaccia mit Tomaten, Rosmarin und Meersalz zu. Wir sind überrascht, wie gut unser kleiner Ofen funktioniert – und nutzen ihn die kommenden Tage, um Joghurtkuchen, Ofentomaten und Melanzane zu backen. Des Campers liebstes Gaskocheressen, Nudeln mit Tomatensauce, gibt es nicht. Dafür Penne mit Gorgonzolasauce, Gnocchi an Salbeibutter, bunt belegte Bruschetta – und natürlich das ein oder andere Gläschen Wein. Wer die Stellplätze von La Trava nutzen möchte, muss sechs Flaschen Hauswein abnehmen. Bei zusätzlich zehn Euro pro Übernachtung finden wir das mehr als fair – und füllen den Kofferraum unseres Reisemobils gleich mit ein paar mehr Flaschen. Maria Grazia dankt es uns bei unserem Abschied mit Herzlichkeit und heftigem Winken. Zum letzten Mal in diesem Urlaub genießen wir die Aussicht auf Weinberge und mittelalterliche Dörfer.
Unser nächstes Ziel ist der Lago Maggiore, an dessen Ufer wir nach einem Abstecher nach Turin unsere einwöchige Tour durch das Piemont ausklingen lassen.
Am Lago Maggiore begegnen wir zum ersten Mal dem, was uns am Camping so gar nicht reizt: einem überfüllten Stellplatz, der uns schon von Weitem mit Fähnchen, aneinandergereihten Vorzelten und Trallala begrüßt. Wir googeln uns durch ein paar Plätze in der Nähe und steuern schließlich einen kleineren Campingplatz direkt am See an. Eine bunte Mischung aus Flower-Power-Familien, Luxus-Camper, Individualisten mit Wurfzelten und Feinrippunterhemden begrüßt uns. Die meisten Camper, das stellen wir ziemlich schnell fest, sind wie wir aus Deutschland angereist. Man begrüßt sich nett, plaudert ein wenig über das Campen und wirft den ein oder anderen Blick auf und ins fremde Mobil.
So wirklich unser Ding ist das nicht – auch wenn wir die Offenheit und Freundlichkeit schätzen. Wir schnappen uns zwei Gläser Wein und verdrücken uns ans Ufer des Lago Maggiore. Die beruhigende Schönheit des Sees trifft uns mit voller Wucht. Wir sehen Berge am Horizont und fühlen uns – trotz einiger Mitcamper im Rücken – wieder einmal sehr frei. Für einen Moment genießen wir die Stille. Dann ist Abendessenszeit auf unserem Platz. Geschirr klappert, Tische werden nach draußen geräumt. „Gerda, deine Käseknacker sind fertig!“, schallt es aus dem Off. Wir denken: Mit dem Campen sind wir das noch lange nicht.
*Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit unserem Partner Etrusco, der uns ein Reisemobil für unsere Tour zur Verfügung gestellt hat. Über den Inhalt des Artikels hatten wir freie Hand.